Zur Frage der Berühmung im selbstständigen Beweisverfahren

In einem Urteil vom 2. Oktober 2018 befasste sich der BGH mit der Frage der Berühmung im selbstständigen Beweisverfahren.

Die Beklagte ist Inhaberin eines französischen Patents, das ein Verfahren zur Herstellung von Schneckenködern betrifft. Die Klägerin stellt in Deutschland Köder zur Bekämpfung von Schnecken her. Auf Antrag der Beklagten ordnete das LG ein selbstständiges Beweisverfahren zum Zwecke der Besichtigung und Begutachtung der Produktionsstätte der Klägerin an. Während der Besichtigung war die Produktionsstätte nicht in Betrieb. Die gerichtliche Sachverständige kam zu dem Ergebnis, das Produktionsverfahren der Klägerin sei nicht zur Anwendung des geschützten Verfahrens geeignet. Daraufhin beantragte die Klägerin die Feststellung, dass sie bei ihrer Produktion von Schneckenködern nicht von den Merkmalen des geschützten Verfahrens Gebrauch mache. Das Feststellungsverfahren wurde bis zum Abschluss des Beweisverfahrens ausgesetzt. Im Beweisverfahren beantragte die Beklagte dann die Herausgabe des Gutachtens und die erneute Besichtigung der Produktionsstätte. Das Gericht ordnete unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Herausgabe des Gutachtens an. Daraufhin hat das LG die begehrte Feststellung ausgesprochen. Das Berufungsgericht hat die Klage mangels Feststellungsinteresse als unzulässig abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Beklagte entgegentritt.

Der BGH hebt die Entscheidung auf und verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Auch wenn ein Antragsteller in einem selbstständigen Beweisverfahren vorträgt, ihm stehe ein Anspruch zu, und er auf eine weitere Beweiserhebung sowie vollständige Überlassung des eingeholten Gutachtens drängt, könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass er an seiner Auffassung auch bei für ihn ungünstigem Ausgang des Verfahrens festhalten werde.

Darin, dass die Beklagte nach Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens an ihrem Standpunkt festgehalten habe, liege aber eine Berühmung. Wenn der Antragsteller trotz Abschluss des selbstständigen Beweisverfahrens weiterhin geltend mache, er halte die Ansprüche für begründet,

 

so sei dies angesichts der geänderten Rahmenumstände grundsätzlich als Berühmung anzusehen, die ein hinreichendes Interesse des Gegners begründe, die Rechtslage gerichtlich klären zu lassen. Eine negative Feststellungsklage, für die ursprünglich kein hinreichendes Feststellungsinteresse bestanden habe, werde jedenfalls dann zulässig, wenn sich der Beklagte zumindest hilfsweise auch mit materiell-rechtlichen Argumenten verteidigt.

Der BGH hält daran fest, dass eine Berühmung des Schutzrechtsinhabers nicht schon allein darin liegt, dass er im Besichtigungsverfahren einen mit gewisser Wahrscheinlichkeit vorliegenden Verletzungstatbestand darlegt, weil das Besichtigungsverfahren ja gerade dazu dient, Kenntnis davon zu erhalten, ob das Schutzrecht verletzt wird oder nicht. Die Feststellungsklage wäre damit unzulässig gewesen. Darauf hat sich die Revisionsklägerin berufen, aber hilfsweise auch zur Patentverletzung vorgetragen, um (der Vollständigkeit halber) zur fehlenden Begründetheit zu argumentieren. Es mag nun überraschen, dass der BGH in dem hilfsweisen Vortrag eine Berühmung sieht, weil die Schutzrechtsinhaberin damit weiterhin daran festhalte, dass ihr Ansprüche wegen Patentverletzung zustehen. Der Hilfsantrag stellt eine innerprozessuale Bedingung dar. Er soll nur dann zum Tragen kommen, wenn der Hauptantrag scheitert. Der BGH stellt nun klar, dass die Bedingung, unter die der Kläger seinen Hilfsantrag stellt, das Gericht zur Feststellung der Zulässigkeit nicht bindet und dass das Gericht den prozessualen Vorrang des Hauptantrags nicht berücksichtigen darf. Nachvollziehbar ist die Entscheidung durchaus, weil das Gericht die Zulässigkeit von Amts wegen prüft, wodurch diese Frage der Parteimaxime entzogen ist. Um die Feststellungsklage nicht zulässig werden zu lassen, hätte die Feststellungsbeklagte „unvollständig“ vortragen und darauf vertrauen müssen, dass an der Rechtsprechung zum Besichtigungsverfahren festgehalten wird.

 

BGH, Urteil vom 2.10.2018, Az. X ZR 62/16 – Schneckenköder